Holla, die Waldfee!

Der Filmfest-Trailer und die „Five Stages of Grief“

1. Denial

Die erste Sichtung bei der Pressekonferenz:
Wir waren grad in die eben ausgeteilte Programmübersicht vertieft. Haben nicht richtig hingeschaut. Das war jetzt keine blumenbekränzte Libellenfee im Chiffon-Nachthemdchen, die aus einem Waldsee aufsteigt und aus ihrem Nabel einen wabbeligen Wasserknödel gebiert, oder? In dem dann das Filmfest-Logo erscheint, weil… Weil… WEIL HALT!

Nein, nein, Sinnestäuschung! Die Kollegen schütteln auch alle ihren Kopf.

2. Anger

Der Clip ist auf YouTube:


Waldsee. Check.
Wasserfee. Check.
Waberwasserknödel. Check!

Das ist deren verdammter Ernst.
Das sollen wir uns vor jedem Film des Festivals anschauen.
Visuelles Waterboarding!
Wartet nur! Bis die dauernde Zwangs-Sichtung des triefenden Trailers das Faß zum Überlaufen bringt…

3. Bargaining

Zum ersten Mal auf großer Leinwand:
Es wird nicht besser.
Aber größer.
Und unausweichlicher.

Aber vielleicht kann man das Festival überreden, ihn nur vor 3-D Filmen zu zeigen? In 3-D. Wo er ja viel besser zur Geltung käme.
Oder ihn wenigstens wieder mit der vertrauten Trailer-Musik der letzten Jahre unterlegen? (Die, zu der wir immer „The Bad Touch“ von der Bloodhound Gang gesungen haben.)
Oder, okay: Ihr hört auf, ihn zu zeigen – wir hören auf, über Trailer zu reden und besprechen brav endlich Filme. (Ähem)

4. Depression

Heute ist Montag, das Filmfest dauert noch bis Samstag:
Inzwischen haben wir den Trailer rund ein Dutzend Mal gesehen.
Jetzt noch fünf weitere Tage.
Mal rechnen. Das macht noch ungefähr 25 Mal.
Fünfundzwanzig Mal.

Kann man auf nachlassende Sehstärke im Laufe des Festivals hoffen?

5. Acceptance

Dienstag.

Man muss bedenken: Das Filmfest musste für den Trailer nichts bezahlen. Vermutlich hatte halt die verantwortliche Firma noch dieses Rendering-Demo rumliegen, an das man ein Logo ankleben konnte.
Und langsam empfinden wir es als sportliche Herausforderung, die Ersten zu sein, die im Trailer das verborgene Missing Link zum Filmfest entdecken:
Ist es die BDM-Frisur, die eine Hommage an das Werk Leni Riefenstahls darstellt?
Ist es die Kreuzigungsstellung der Füße, die auf „The Last Temptation of Christ“ verweist?
Wird hier schon insgeheim der Festivalfilm „Die Libelle und das Nashorn“ beworben? Aber wo ist dann das Nashorn…?

Hey, könnten wir bitte den Trailer nochmal sehen?!

Anna Edelmann & Thomas Willmann