Diagonale 2013

Prinzip Hoffnung

Die Diagonale, das Festival des Österreichischen Films, ist neben dem Vorführen der Produktionen des Vorjahrs auch immer ein, wenn auch fast komplett unglamouröser, Laufsteg des Sehens und Gesehenwerdens, egal ob man nun einen Film im Festival hat oder nicht, bei der Diagonale in Graz herrscht ein dichtes Aufkommen an Österreichischen Filmschaffenden; Austausch und Netzwerken erwünscht.

Kein Festival ohne feierliche Eröffnung.

In ihrer Eröffnungsrede kam Intendantin Barbara Pichler, natürlich, an den Oscar Preisträgern aus Österreich nicht vorbei, verweilte dort aber nicht all zu lang. Denn auch wenn die internationalen Filmpreise, die Österreichische Filme in den letzten Jahren bekommen haben,ein glänzendes Aushängeschild sind, gibt es Filmpoltisch hier noch einiges zu tun. Von Förderstrukturen und von dem was alles möglich ist, obwohl noch längst nicht alles möglich ist, war die Rede, versöhnlicher oder auch nur ruhiger als im Vorjahr fiel ihre Rede zum Stand der Filmlandschaft aus,in der sie Film als politische Grösse sieht, in der „Film als soziale Kunst die Gesellschaft braucht und wir als Gesellschaft die Kunst brauchen .

Als Eröffnungsfilm „Paradies: Hoffnung“ von Ulrich Seidl,der bereits in Berlin Premiere hatte. In gewohnt schönen, aber statischen Bildern, in langsamer Schnittfrequenz gab es „Doktorspiele“ im Camp für übergewichtige Teenies; ein würdiger Eröffnungsfilm, auch wenn vielleicht eine Uraufführung eine mutigerer Wahl gewesen wäre. Mit freundlichem Applaus endete der offizielle Teil und begann das Fest.

Tag 1   Vom Regen ins Kino

Während anderswo Menschen Schnee schaufeln, treibt in Graz der Regen die Leute in die Kinos, gut besuchte Vorstellungen schon am Vormittag. Junges Publikum, mit Popcorn und Nachos, die sich um 11.30 den Dokumentarfilm „Schulden G.m.b.H“ von Eva Eckert ansehen, das ist schön; weniger schön leider der Film. Es leuchtet ein, dass die Kamera nicht mit in die zu räumenden Wohnungen geht, da funktioniert auch gut das Verharren im Treppenhaus, während von drinnen nur die Gespräche zu hören sind. Was aber immer wieder ärgerlich ist, sind Interviews in denen geschnitten wird, und weder Zwischenschnitte, noch Blitzer verwendet werden, das irritiert, und es stört den Fluss des Gesagten, schade eigentlich. Auch der nächste Film kann noch nicht wirklich überzeugen;„Vakuum“ von Judith Zdesar ist eine sehr privater Film in dem die Regisseurin ihren gerade verwitweten Grossvater dabei beobachtet wie er die Wohnung von den greifbaren Andenken an die Grossmutter leert, und schliesslich ganz räumt, und in eine neue Wohnung umzieht. Irgendwie kommt man dem Grossvater dabei nicht wirklich nah, und es wirkt als ob die Regisseurin selbst ihm auch nur in sofern nah kommt, als sie ihn mit der Kamera zu bedrängen scheint, zudem sind die Bilder oft unangenehm wackelig; Mini DV hin oder her, das geht auch besser.

Um 16 Uhr im ausverkauften Kino dann das erste Highlight, endlich! Houchang Allahary portraitiert in „Robert Taranatino“ einen Wiener Low-Budget Horror-Trashfilmemacher, dessen Filme, nach eigenen Angaben, nie mehr kosten, als der Preis für einige DV- Bänder! Entstanden ist ein ungemein lustiger, liebevoller Film, in dem der Protagonist nicht nur erklärt warum er Filme machen muss, sondern auch beim Dreh seines aktuellen Films begleite wird. Es entsteht, schon visuell, ein spannender Kontrast zwischen der Kamera Allaharys, die in schönen, sauberen Bildern beobachtet und den eher rauen Filmsequenzen des Horrorfilms. Sehr dicht, voller Humor, ohne auszulachen, am Ende möchte man dringend mal eine kompletten Film von Robert Tarantino sehen.

Im Eiltempo und durch den Regen dann dem nächsten Höhepunkt entgegen, der neue Film von Mara Mattuschka und Chris Haring „Perfect Garden“. Dieser, wie alle anderen Mattuschka Filme auch, ist nicht beschreibbar, ein Rausch von Bewegungen, skurrilen Figuren, Tonkollagen, Musik, manchmal blitzt etwas wie eine Geschichte im herkömmlichen Sinn durch, aber stärker bleiben die fliessenden Bewegungen, in denen Körper und Kamera umeinander tanzen, strukturiert durch einen Schnitt der immer noch eine weitere Drehung hervorbringt. Eine grosse Freude. Und die letzte Freude dieses ersten Tages, „Diamantenfieber – kauf dir lieber einen bunten Luftballon“ von Peter Kern. Diesmal erfreut er mit einer frechen Gaunerkomödie, inklusive Liebesgeschichte, und ja, es gewinnen die Guten, selbst wenn diese nicht auf der richtigen Seite des Gesetzes stehen. Er inszeniert Zartheit mit einem Hauch Anarchie und man verlässt das Kino gut gelaunt, und wünscht sich solche Filme nicht nur auf Festivals zu sehen.