Schleppender Einstieg
Beginnt man den Tag mit einem Kurzspielfilmprogramm ist das Risiko sich zu langweilen -meistens- gering; meistens! Die 4 Kurzfilme dieses Tages waren – fast- alle zu lang, unabhängig von ihrer Minutenzahl. Und so schleppte sich das Programm von Christoph Rainers „Untitled Brazil Project“ über „Homophobia“ von Gregor Schmidinger, zu Florian Pochlatkos „Erdbeerland“ – viel zu lang- um am Ende mit einem versöhnlich-unterhaltsamen „Samstagabend Sonntagmorgen“ von Thomas Schwendemann den Morgen doch noch zu retten.
Immer wieder verblüffend das Gedränge vor den Kinos, und zwar nicht nur bei Spielfilmen, sondern auch bei Dokumentarfilmen, so auch bei „Shqipëria – Notitzen aus Albanien“ von Klaus Hübner und Alfred Zacharias. Fast in der Art eines, sehr persönlichen und deshalb auch sehr subjektiven, Reisetagebuchs lernt man Albanien kennen, ein Land das, für die meisten Menschen, mehr als unbekannt ist. Ein schöner Bilderbogen durch raue Berglandschaften mit Ziegenherden, wackligen Brücken und gigantischen Schluchten, Küstenlandschaften mit allen nur vorstellbaren Bausünden,Römische Ruinen, Weltkulturerbe, und immer wieder kurze Interviews, die das Gesehene kurz kommentieren; und schon folgt man den Filmemachern weiter durchs Land. Spannend, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ohne zu belehren, aber so, dass man neugierig wird auf einen unbekannten Teil Europas.
Dichtes Gedrängel, Publikum, Gäste und Kameras dann bei der ORF Premiere „Steirerblut“ von Wolfgang Murnberger. Ein Krimi, angesiedelt in einem Steierischen Dorf, Mord, verjährter Missbrauch, Korruption, Verrat, alte Liebe und derbe Spässe, alles da, vielleicht insgesamt ein bisschen mehr als es brauchen würde, aber solide gemacht, gut gespielt und spannend.
Ganz anders „Soldate Jeannette“ von Daniel Hoesl; der Film irritiert durch seine visuelle Gestaltung, wählt Nahaufnahmen und eigenwillige Bildausschnitte, wo der Zuschauer an Halbtotale, Totale und Schnitt-Gegenschnitt erwartet. Aber genau mit diesen Mitteln, und einer fabelhaften Johanna Orsini-Rosenberg in der Hauptrolle, zwingt er den Zuschauer in den Film, macht die Figur greifbar und vermittelt ein Gefühl von Beteiligtsein. Auch der Schluss bietet keinen Standard, und genauso selbstverständlich wie man der Figur bei ihren kriminellen Machenschaften zugesehen hat, lässt man sie unbehelligt die Geschichte verlassen. Aktion und Reaktion sind einfach nicht immer berechenbar.
Ans Herz gehen
Die Diagonale geht langsam ihrem Ende zu, und bietet einen Tag fürs Herz.„Talea“ von Katharina Mückenstein enttäuscht.Tochter,14, versucht sich ihrer Mutter, die -vermutlich- 13 Jahre im Gefängnis war, zu nähern, haut dafür von ihrer Pflegefamilie ab, und überredet die Mutter ihr zu zeigen wo sie aufgewachsen ist. Das hätte Potenzial, wären da nicht Endloseinstellungen, die wirken als wären sie bloss dazu da, um einen Song in ganzer Länge drunter zu legen, oder Landschaftstotalen mit bedeutungsschwangeren, extra langsamen Zufahrten, die nicht nur im Nichts enden, sondern auch zu nichts führen. Das alles wirkt, als ob der Film mühsam auf Kinolänge gebracht worden wäre, auf der Strecke bleibt dabei aber eine gute Geschichte.
„Deine Schönheit ists nicht wert“ von Hüseyin Tabak berührt. Der verträumte jüngste Sohn der Türkischen Migranten Familie, der straffällig gewordene grosse Bruder, Asylanträge, Sprachbarrieren, und doch, immer wieder jemanden, der Wohl meint, der helfen kann, der der Handlung eine Wendung hin zum Positiven, zur Hoffnung gibt. Das geht alles nah, macht betroffen, ist dabei, besonders von den jungen Darstellern, toll gespielt, aber irgendwie vielleicht zu träumerisch schön, zu sehr Wohlfühlkino und alles-wird-wieder-gut Geschichte, vielleicht.
Verstörend, verwirrend, schwer zu greifen ist „Mein blindes Herz“ von Peter Brunner. Bilder in überzeichnetem Schwarz-Weiss,ein fast völlig blinder junger Mann mit einer schwer gestörten Mutter-Sohn Beziehung, der in einer Welt zu leben scheint, die er sich nur mittels Zerstörung und Aggression vom Leib, oder eher vom Herz, halten kann, er schwankt zwischen kindlichem Spieltrieb, Weltschmerz und Zerstörungswut. Die sehr stilisierten Bilder fesseln den Blick des Zuschauers, auch dort, wo er am liebsten wegsehen würde. Schwer zu sagen wie und ob so ein Film im Kino sein Publikum findet, aber wenn man ihn gesehen hat, lässt er eine nicht mehr so leicht los.