Tag_9 kurz vor Schluss, wolkenverhangen
„Chevalier“ von Athina Rachel Tsangari, noch einmal eine Männerwelt mit absurden Ritualen. 6 Männer auf einer Luxusjacht, Bekannte, vermutlich Freunde, zur Unterhaltung beschliessen sie in einem Spiel herauszufinden wer der „Beste in allem“ ist. Ein absurde Wettkampf mit ständiger Beobachtung und Selbstbeobachtung beginnt. Allianzen zum Zweck der Punktgewinnung werden geschlossen, es wird gestichelt und immer wieder verglichen, alles, von der Penislänge über die Position in der geschlafen wird, Blutwerte sind ebenso zu vergleichen, wie die Glaubwürdigkeit und Kreativität beim Erzählen einer Notlüge am Telephon. Der Wettbewerb wird immer grotesker, die Basis ihrer Beziehung scheint immer dünner zur werden, der Umgangston rauer. Und doch, am Ende gibt es einen unbestrittenen Sieger, dem, fast beiläufig, der titelgebende Siegelring – zu trage bis zum nächsten Wettkampf – auf den Finger gesteckt wird. Ein komischer Film über idiotische Männer, liebenswert und mit Augenzwinkern erzählt.
Wesentlich härtere Konkurrenz in einer Männerwelt gibt es bei „Major Dundee“ von Sam Peckinpah, Süd-und Nordstaaten Offiziere, die sich für ein gemeinsames Ziel zusammenstreiten, mürrisch, überheblich, starrsinnig, blutig, episch, toll.
Der letzte Film auf der Piazza, der noch um den Publikumspreis konkurriert, könnte diesen auch gut fgewinnen: „Me and Earl and the dying gilrl“ von Alonso Gomez-Rejon, ein schöne Liebeserklärung an das Kino und an die Kraft von Freundschaft, mit einem Haufen origineller Einfälle, einer schrägen Kameraführung und einem lockeren Erzählton. Eine amerikanische Komödie, die das Sterben nicht ausschliesst und gleichzeitig dem europäischen Autorenkino huldigt; das ist selten und es ist gut gelungen.
Locarno versinkt in einer dicken Regenwolke, und es bleibt nur noch das Warten auf die Bekanntgabe der Preise und die Abschlusszeremonie, die, wenn es so weiter regnet, wohl im eher prosaischen Fevi stattfinden wird.