Tag_3 Kinder, Kinder

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Eine Liebesgeschichte als erster Film am Morgen, das könnte so nett sein; könnte. „History of now“ von Nadiv Molcho ist im Wesentlichen eine überzuckerte, kindische Romanze. Er wollte einen Film machen, in dem auch gezeigt wird wie es aussieht, wenn ein Paar sich irgendwie, trotz Verliebtheit gar nichts zu sagen hat, im Restaurant, beim Spazieren gehen, meinte der Regisseur. Könnte gut sein. Aber was dann folgt ist eine 0/815 Romantik, mit der man eventuell 12 bis 14 Jährige glücklich machen kann. Eine knappe Rahmenhandlung im gedachten Heute, und dann Rückblick auf die Anfänge der Beziehung, in der beide Figuren hauptsächlich ins Verliebtsein verliebt sind; dass die beiden sich ausser Küssen und Sex nichts zu bieten haben füllt keine Geschichte, zusätzlich unterlegt mit zu viel Musik, und mit massiver Schleichwerbung für das Wiener Lokal der Mutter des Regisseurs. Nach dem Film ist man dann endgültig wach, vor Ärger.
„Desert kids“ von Michael Pfeifenberger zeigt moslemische und jüdische Jugendliche im Negev. Luftlinie sind ihre Wohnorte gerade mal 30 Kilometer voneinander entfernt, die Leben allerdings sind ziemlich verschieden, und dann auch wieder nicht, Teenager haben überall auch die immer gleichen Probleme und Gedanken. Wenn der Film die Jugendlichen in Interviews – meistens im Off – einfach erzählen lässt, von sich, von ihren Träumen, ihren Sorgen, ist er stark und erzählt viel über den Konflikt mit dem alle in Israel leben und umgehen müssen, über Trennendes aber mehr noch über Gemeinsamkeiten. Dort wo aber scheinbare Dialoge, Gespräche der Protagonisten unter sich oder mit Familienmitgliedern stattfinden, wirkt alles gestellt, inszeniert und unecht, das ist ziemlich schade, und wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, die Umgebung und die Jugendlichen haben genug erzählerische Kraft. Ebenfalls Kinder zeigen die Brüder Riahi in ihrem neuen Film „Kinders“. Kinder, die aus verschiedensten Gründen Probleme haben, mit sich, mit ihrer Umgebung, aggressive, traurige, einsame Kinder, allen gemeinsam dass sie zunächst in ihren Schulen, dann aber auch durch spezielle Einrichtungen Musikunterricht erhalten. Sie werden gefördert und gefordert, lernen sich durch Singen, Musizieren und dem Kontakt mit den anderen Kindern zu öffnen, lernen sich und der Welt, (wieder) zu vertrauen, lernen Empathie kennen, werden Mitfühlend mit den anderen. Ein optimistischer, positiver Film, der mal ganz leise die Kinder an verschiedenen Orten begleitet, mal aufbrausend laut wird, wenn die Kinder ihre Wut in den Wald schreien, oder wenn das Orchester besonders kraftvolle Passagen probt. Viel und anhaltender Beifall war die Belohnung.
Definitiv kein Kinderfilm ist „Thank you for bombing“ von Barbara Eder, aufwendig gemacht, mit Drehorten in Jordanien und Afghanistan erzählt er die Geschichte von Reportern in Krisengebieten. Ganz am Anfang körnige, verschwommene Bilder, ein Reporterkopf nah, Stimmen, Geschrei, Kommandos, ein Schuss. Was dann folgt sind drei Episoden von 3 Korrespondenten, wobei man bei der Episode, die den österlichen Reporter betrifft, den Eindruck nicht los wird, dass er hauptsächlich zum Erlangen von österreichischer Förderung notwendig war. Das Kapitel spielt sich nur in Wien, im Wesentlichen am Flughafen, wo der Journalist den vermeintlichen Mörder aus der Anfangssequenz zu erkennen glaubt. Die beiden anderen Kapitel, spielen in Afghanistan, bei zwei amerikanischen Journalisten, und zeichnen ein relativ drastisches und deutliches Bild vom Alltag in Krisengebieten, der Jagd nach Geschichten und Quoten, der Langeweile, wenn es nicht genug knallt, und was der Stress, nicht genug zu bringen, kombiniert mit Angst, für absurde Blüten treiben kann. In Zürich hat der Film bereits einen Preis bekommen, und er wird sicher den Weg ins Kino finden, oder ins Fernsehen, schliesslich haben die mitgezahlt.
Der ganze grosse Wurf war bisher noch nicht in Sicht, oder er lief im jeweils anderen Kino, „Kinders“ hätte allerdings soweit ganz gute Chancen. Morgen Abend werden die Juryentscheidungen bekanntgegeben.