Solothurn_2018

Solothurn first!

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(c) ch.dériaz

 

 

Politisch korrekte Reden mit -fast- unkorrekten politischen Seitenhieben, die Eröffnung der 53. Solothurner Filmtag.

 

Obwohl parallel zu den Filmtagen in Solothurn, in Davos die Weltwirtschaft gipfelt, war der Schweizer Bundespräsident Alain Berset am Eröffnungsabend anwesend, und betonte die Freiheit und Unabhängikeit von Film, Fernsehen und Kultur allgemein zum Aufrechterhalten von Diversität, politischer wie gesellschaftlicher, als wesentliche Grundlage des demokratischen Wachsen und Zusammenlebens. Eine Rede die gut ankam. Vor Berset sprachen der Präsident der Filmtage, Felix Gutzwiller, und Festivaldirektorin Seraina Rohrer, zweisprachig und gendergerecht, von der Notwendigkeit Filmkunst in ihrer Vielfalt auch mit Hilfe von Geldern des Schweizer Fernsehen- und damit der Gebührenzahler- überhaupt erst möglich zu machen, und sprachen sich auch vehement gegen eine Mentalität des „was–nützt-MIR-das“ aus. Eine Kosten-Nutzenrechnung, die ausschliesslich auf Egoismus fusst, kann in einer pluralen Gesellschaft, mit, wie Berset es nannte „einer Mehrheit von Minderheiten“ nicht funktionieren. Hintergrund der emotionalen, wie auch wirkungsvollen und launigen Reden ist die im März anstehende Abstimmung, die  zur Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz aufruft.

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(c) ch.dériaz

Eine Minderheit, wenn man so will, hatte auch der Eröffnungsfilm zum Thema: Kinder mit Behinderungen. Fernand Melgars neuer Film „À l’école des Philosophes“ beobachtet den Alltag einer kleinen Schule, in der Kinder mit verschiedenen Beeinträchtigungen das Schüler sein lernen. Mit Engelsgeduld kümmern sich die Lehrerinnen um die Kleinen, man lebt die Mühe mit, die es kostet auf kleine Erfolge hinzuarbeiten, man erlebt aber auch fast physisch die Verlorenheit, die immer wieder aus den Augen der Kinder von der Leinwand auf die Zuschauer trifft. Und Stück für Stück, fast unmerklich erlebt man innerhalb des Schuljahres die Veränderungen mit, sieht Fortschritte, die man nicht für möglich gehalten hätte, erkennt nicht nur die Pflicht, den Kindern gegenüber, sondern auch die Notwendigkeit all der aufgebrachten Geduld. Die Kamera ist unaufdringlich mitten im Geschehen, Eltern wie auch Lehrerinnen sprechen auch von ihren Niederlagen, Schwierigkeiten, alles, man möchte fast sagen: natürlich, ohne jedweden Kommentar, die Bilder, die Geschichte spricht Bände. Das Publikum war eindeutig begeistert, ein warmer, aber auch ein politischer Film, ein Film auch finanziert mit Mitteln des Schweizer Fernsehen.

Entlang der alten Stadtmauer, auf einem mit Fackeln malerisch beleuchteten Weg ging es dann zur Feier, ein gelungener Abend, ein schöner Auftakt fürs Festival.