17 Preiskategorien, 17 goldene Nüsse und ein Bundesminister

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Der letzte Film ist ein wahres Schwergewicht, „Garten“ von Peter Schreiner. Die Kamera in konstantem Fluss, die Schnitte fliessend, die harten Schwarz-Weiss Kontraste gnadenlos enthüllend. Hier wird jede Falte zum Krater, jede Oberfläche gibt ihre Geheimnisse preis, im Gegensatz zu den Akteuren, die in extrem artifiziellen Dialogen kommunizieren. Der Zuschauer ist fast dauerhaft Dunkel getaucht, die langsam fliessenden Bewegungen zwingen zu schauen, zu hören, allein, das Begreifen ist eher schwierig. Der Film hat, vor allem bildlich, seinen Reiz, ist aber insgesamt schwer zu fassen, was möglicherweise gar nicht unerwünscht ist. Auch hier ist die Einordnung in eine Kategorie unscharf, „Garten“ läuft als Spielfilm, obwohl er sicher eher experimental-innovativ genannt werden sollte.
Prinzipiell ist die Einteilung in Kategorien nicht wichtig, aber wenn man schon einteilt, also auch für jede Gruppe eine eigene Jury hat, sollte man vielleicht feiner trennen. Auch die Entscheidung, dass Filme bis 65 Minuten noch Kurzfilme sind, könnte überdacht werden. Es macht in der Konzeption, in der Dramaturgie einen sehr grossen Unterschied, ob man ein Thema, eine Geschichte in 3, 10 oder 65 Minuten erzählt, diese Arbeiten dann miteinander zu vergleichen klingt nicht wirklich richtig.

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Die Jurys haben entschieden, die Preise sind vergeben, und das dieses Jahr tatsächlich in Anwesenheit, und, bei den beiden Hauptpreisen, durch den zuständigen Bundesminister. Warum das erwähnenswert ist? Weil Kultur-und EU-Minister Blümel im letzten Jahr nicht erschien, obwohl das österreichische Filmschaffen in sein Ressort fällt und der österreichische Film, zumindest im EU-Ausland, sehr gut da steht. Viele Gründe also, trotz grosser Differenzen zwischen Kultur und Regierungspartien, anwesend zu sein. Gut, nun war er ja da, die Intendanten betonten, dass von ihrer Seite die Türen zu konstruktivem Gespräch offen stünden.
Im Verlauf dieser Festivalwoche wurde immer wieder betont, wie wichtig es auch weiterhin ist, einen freien, also gebührenfinanzierten, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu haben und zu behalten, auf die Frage angesprochen, ob er bereit wäre jetzt dort auf der Bühne zuzusagen mit den Film-und Fernsehmachern zusammenzustehen, wich er allerdings, relativ ungalant, aus. Nun, das war irgendwie zu erwarten, aber schade ist es trotzdem.

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Trotz intensiven Kinobesuchs, mal wieder die beiden Hauptpreise nicht gesehen!
Grosser Preis Spielfilm für „Chaos“ von Sara Fattahis,
Grosser Preis Dokumentarfilm für „The Remains – Nach der Odyssee“ von Nathalie Borgers.
Der Preis für den besten Film Innovativ-Experimental-Animation klingt nach der Jurybegründung sehr spannend, und auch der kurze Ausschnitt sah interessant aus, aber, leider : “Wreckage takes a holiday“ von Jennifer Mattes, verpasst.
Die beiden Kurzfilmpreise gingen an „Ene Mene“ von Raphaela Schmid und „Remapping the origins“ von Johannes Gierlinger, beides sehr schöne Filme (Blog_1 und 2).
Auch die beiden Kamerapreise gehen in Ordnung, Spielfilm Bildgestaltung für Klemens Hufnagel für die wirklich sehr schönen Bilder in „Bewegungen eines nahen Bergs“ und Bildgestaltung Dokumentarfilm an Christiana Perschon für „Sie ist der andere Blick“. (Blog_1 und 3)
Es haben, trotz der ungünstigeren Startbedingungen, mehr Frauen als Männer Preise bekommen, besonders was die Regiepreise angeht ist das erfreulich.
Alle Preise sind auf der Webseite der Diagonale zu finden.
Der Österreichische Film spielt weiterhin an der Spitze des europäischen Filmschaffens mit, die Filme laufen auf vielen Festivals, was auch an der Zahl der „nur noch“ Österreich Premieren abzulesen war. Auch wenn die Zahlen des vergangen Jahres an den Kinokassen rückläufig waren, Österreich hat eine aktive, rege Filmindustrie, die man nicht unterschätzen soll.
Diagonale Termin 2020: 17. bis 22. März 2020

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